Storytelling mit Daten zählt zu den bekanntesten Werken in seinem Bereich. Nachdem ich mehrmals auf Empfehlungen gestoßen war, unter anderem in Claus Wilkes Fundamentals of Data Visualization, las ich vor einiger Zeit Cole Nussbaumer Knaflics Werk endlich selbst (auf Englisch). Es hat sich definitiv gelohnt!
Zur Person: Cole Nussbaumer Knaflic
Bevor ich näher auf das Buch eingehe, einige Worte über die Autorin. Wie wird man zur weltweit anerkannten Expertin für Storytelling mit Daten? Bevor sie sich damit selbständig machte, arbeitete sie in Analysejobs in Banken und Beteiligungsfirmen. Die prägendste Zeit verbrachte sie offenbar bei Google im Personalbereich, wo sie datenbasiert innovative Personalprogramme und Management-Methoden analysierte. Dabei stellte sie erheblichen Nachholbedarf sowohl an guter grafischer Darstellung als auch beim Lesen und Interpretieren von Grafiken fest. Bereits während ihrer Zeit bei Google entwickelte Cole Nussbaumer Knaflic einen Kurs über Datenvisualisierung, den sie aufgrund großen Erfolgs wiederholte Male sowohl in Google-Büros in den USA als auch in Europa abhielt. Schließlich folgte die Selbständigkeit.
Zum Buch: Welche Themen behandelt Storytelling mit Daten?
Die Autorin zeichnet sich durch klare Sprache und anschauliche, praxisbezogenen Beispiele aus. Die Einleitung motivierte mich gleich: Beispiele belegen, dass die Kommunikation mit Daten in vielen Fällen deutlich verbessert werden kann.
Anschließend geht es um die keineswegs triviale Auswahl geeigneter Visualisierungen. Sehr hilfreich das folgende Kapitel über clutter: Unordnung und unnötige Ablenkungen in Grafiken. Damit sind die Grundlagen gelegt, um genauer darüber nachzudenken, wie man die Aufmerksamkeit der Betrachter gezielt lenken kann.
Wirklich gelungene Datenvisualisierung erfordert nicht nur analytische Fähigkeiten – vermutlich werden viele, die aus analytischen Ausbildungen und Berufen kommen (ich schließe mich da gern ein), von dem Kapitel Denke wie ein Designer profitieren.
Das folgende Kapitel (Dissecting Model Visuals / Modellvisualisierungen „zerlegen“) zeigt ausgewählte Datenvisualisierungen und beschreibt ausführlich den Denk- und Entscheidungsprozess, der zu dieser Art der Darstellung führte.
Schließlich kommt Cole Nussbaumer Knaflic zur Kunst: dem Storytelling. Hier erhält der Leser klar verständliche, gut umsetzbare Hinweise etwa zur Struktur, zum Aufbau, zur Art der Präsentation, zur Reihenfolge, wobei sie auch ausführlich auf Unterschiede zwischen schriftlicher und mündlicher Präsentation eingeht.
Es folgen noch drei Kapitel, die die Kernaussagen zusammenfassen, Fallstudien vorstellen und ausführliche, praxiserprobte Hinweise geben, wie es nach der Lektüre weitergehen kann.
Was mich an Storytelling mit Daten beeindruckt hat
Man merkt dem Buch an vielen Stellen wohltuend an, dass es auf reichhaltiger Praxiserfahrung der Autorin basiert. Die Grafiken sind oft erstaunlich einfach gehalten, sodass man den Fokus von technischer Machbarkeit und Gedanken an ausgefallene Tricks verschieben kann hin zu dem, was beim Betrachter wirklich ankommt und was man eigentlich vor allem herüberbringen möchte.
Bei der Lektüre wurde mir noch deutlicher als bisher klar, dass Storytelling Mut erfordert. Im Business-Kontext neigen wir eventuell dazu, nüchtern und faktenbasiert zu denken und zu argumentieren. Das kann oft in wenig ansprechenden, schnell vergessenen Präsentationen münden. Geschichten zu erzählen, ist nicht unsachlich oder unprofessionell, wenn wir dabei seriös und fachlich fundiert vorgehen. Ein Abschnitt aus dem Storytelling-Kapitel bleibt mir besonders im Gedächtnis, wo die Autorin die Rotkäppchen-Geschichte im Stil einer langweiligen Powerpoint-Präsentation darstellt, inspiriert von Libby Spears. Das beginnt in etwa so:
- Rotkäppchen (RK) muss 0,87 Kilometer von Punkt A (zuhause) zu Punkt B (Großmutter) zu Fuß gehen.
- RK trifft Wolf, der
- (1) zu Großmutter vorausläuft,
- (2) sie isst,
- (3) ihre Kleidung anlegt.
- …
Mit Mut lassen sich auch Geschäftsberichte interessanter erzählen!
Interessant fand ich auch die Empfehlung, beim Nachdenken über die Story, die man erzählen will, zunächst ohne Software zu arbeiten. Das mag im ersten Moment im 21. Jahrhundert überraschend klingen, doch ich kann die Begründung sehr gut nachvollziehen: Zu schnell lässt man sich von technischen Details ablenken, anstatt sich zunächst auf die Grundzüge der Geschichte zu konzentrieren. Ich kenne auch das Hin- und Herschieben von grafischen Elementen in Powerpoint, das mich inhaltlich nicht weiterbringt. (Artikel-Hinweis: Datenanalysen präsentieren: Warum ich nicht Powerpoint verwende.)
Fazit: Storytelling mit Daten
Datenvisualisierung ist ein weites Feld und wer in diesem Bereich überzeugen will, wird nicht mit einem einzigen Buch auskommen. Storytelling mit Daten glänzt durch eine Fülle an praxiserprobten Hinweisen und wird sicher viele Leser bereichern.
Was Storytelling mit Daten nicht leistet, ist eine umfassende Übersicht über Arten von Grafiken. Die Autorin hat eine begrenzte Auswahl an nicht gerade ausgefallenen Grafiktypen ausgewählt, mit denen man klare Botschaften kommunizieren kann. Die Grafiken sind alle mit Excel umsetzbar. Man lernt mit dem Buch also auch keine neuen Softwaretools kennen. Jedoch sind die Erkenntnisse mit vielen Tools anwendbar.
Datenvisualisierung: Weitere Buchempfehlungen und Kurse
Weitere Buchbesprechungen zur Datenvisualisierung auf diesem Blog:
- Fundamentals of Data Visualization von Claus O. Wilke
- Envisioning Information von Edward Tufte
Von Edward Tufte sind sicher auch weitere Werke empfehlenswert. Auf meinem Lesetisch liegt zur Zeit Show Me The Numbers von Stephen Few.
Über Das Buch The Grammar of Graphics von Leland Wilkinson habe ich zwar nicht direkt geschrieben, jedoch behandeln die Beiträge ggplot2: Einführung in die drei Basisschichten – Daten, Ästhetiken, Geometrien sowie ggplot2: Die vier fortgeschrittenen Schichten wesentliche Grundideen daraus.
Meine Beiträge zum Stichwort Datenvisualisierung beziehen sich ansonsten häufig auf die Umsetzung mit R und Erweiterungspaketen. Dazu biete ich derzeit zwei Kurse an: Datenvisualisierung mit R und ggplot2 sowie Datenvisualisierung mit R für Fortgeschrittene.
Literatur (Hinweis: bezahlte Links):
Fundamentals of Data Visualization: Claus Wilke
Edward Tufte: Envisioning Information
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